20. Mai 2020
Informiere dich in diesem Beitrag über die sechs Phasen der Retrospektive und hole dir ein paar Anregungen für eine kreative Gestaltung dieses Termins.
Lesezeit: 8 Minuten
Am Ende jedes Sprints findet ein wichtiger Termin statt: Die Retrospektive oder kurz Retro. Dieses Treffen wird vom Scrum Master geleitet und betrifft das interne Team ohne Führungskräfte oder Stakeholder. Alle Teammitglieder kommen zusammen, besprechen den abgeschlossenen Sprint und diskutieren sowohl über Probleme oder Hindernisse, welche entstanden sind, also auch darüber, was gut lief und beibehalten werden sollte. Hierbei geht es nicht um fachliche Aspekte, sondern die menschliche Zusammenarbeit im Team selbst, was das Teamwork und die Produktivität steigern soll.
In diesem Beitrag kannst du dich über die sechs Phasen der Retrospektive informieren und dir ein paar Anregungen für eine kreative Gestaltung dieses Termins holen.
In dieser Phase werden die Teilnehmer abgeholt, sodass sich alle auf den kommenden Termin einstellen können. So kann zum Beispiel erstmal die Stimmung, mit der die Teammitglieder in das Meeting gehen, abgefragt werden. Wichtig ist es, eine entsprechende Gesprächsatmosphäre zu schaffen, denn eine gute Retrospektive kann nur gelingen, wenn sich alle Beteiligten mit dem nötigen Respekt und auf Augenhöhe begegnen. Niemand sollte Sorge tragen müssen, dass sein Engagement negative Auswirkungen auf ihn hat.
Die "Las-Vegas"-Regel
"What happens in Vegas, stays in Vegas." - sofern nicht anders vereinbart, verlässt das gesprochene Wort nicht den Raum.
Die oberste Direktive
Sie sorgt für ein lösungsorientierte Diskussion - ohne Schuldzuweisung: Jeder Beteiligte handelt zu jedem Zeitpunkt nach bestem Wissen, Gewissen und Kenntnisstand.
Hierbei überprüft ihr die beim letzten Mal beschlossenen Maßnahmen auf ihren Erfolg.
Nun wird die "Datenbasis" für das weitere Vorgehen geschaffen, das heißt, ihr sammelt alle möglichen Themen. Für jeden Teilnehmer können sich andere Themen als bedeutsam erweisen, deshalb startet ungezwungen, ohne gleich zu bewerten. Erst danach folgt die Priorisierung.
Thematisiert aber nicht nur negative Seiten, sondern hebt insbesondere positive Dinge hervor. Diese sind im Sinne einer lösungsfokussierten Herangehensweise besonders wichtig und können eine gute Grundlage für die Folgephase bieten.
Diskutiert in dieser Phase über die zuvor gesammelten Themen. Hierzu könnt ihr zwischen verschiedenen Formaten wählen:
Ein agendaloses Treffen zum Austausch auf Augenhöhe:
Als erstes ist unter den Teilnehmern ein Koordinator zu finden.
Dieser koordiniert das Sammeln der Themen, führt das für alle einsehbare
Themen-Board und sorgt dafür, dass die festgelegte Diskussionszeit
eingehalten wird (zum Beispiel 5 oder 10 Minuten).
Die Diskussion wird mit dem für alle Teilnehmer wichtigsten Thema begonnen und dieses eine festgelegte Zeit diskutiert. Nach Ablauf der Zeit entscheiden die Teilnehmer per einfachem Handzeichen, ob sie dieses Thema weiter diskutieren oder mit dem nächsten starten wollen.
Ihr bildet einen Innen- und Außenkreis. Im Innenkreis wird eine zu diskutierende Fragestellung besprochen, die Außenstehenden beobachten die Diskussion und werden von Zeit zu Zeit eingeladen, die Diskussion im Innenkreis zu kommentieren.
Variation: Ein Platz im Innenkreis bleibt leer und kann von
Teilnehmern des Außenkreises für kurze Zeit besetzt werden, um der
Diskussion weitere Impulse zu geben oder eigene Perspektiven beizutragen.
Besprecht eure Themen in 2er und 3er Gruppen, dabei wählt ihr als euren Partner/eure Gruppe Teilnehmer, mit denen ihr an diesem Tag noch nicht oder kaum gesprochen habt. Diskutiert 4 Minuten über das Thema und gebt Rückmeldung an das gesamte Team.
Schreibt eure Themen einzeln auf ein Poster und hängt sie an unterschiedlichen Stellen im Raum auf. Nun bildet kleine Gruppen und rotiert im Uhrzeigersinn im 5-Minuten-Takt an den Stationen vorbei, bearbeitet das Thema und notiert eure Ergebnisse auf den Postern. Die nächsten Gruppen ergänzen die Diskussionsergebnisse der vorherigen Gruppen und kommentieren die vorhandenen mit Symbolen wie "!" für Zustimmung, "?" für Klärungsbedarf und ein Blitz für Widerspruch.
Teilt die Ergebnisse und die Reaktionen darauf in eurem Team.
Nachdem ihr einige Erkenntnisse gewinnen konntet, erarbeitet Maßnahmen, die im kommenden Sprint umgesetzt oder verbessert werden sollen. Beachtet bei der Formulierung, dass die Maßnahme in nächster Zeit umsetzbar sein sollte, vom Team selbst umzusetzen und auf den Erfolg überprüfbar ist.
Zum Abschluss könnt ihr die Ergebnisse für alle Teilnehmer nochmal zusammenfassen, eine "Retrospektive der Retrospektive" durchführen, also bewerten, wie das Meeting verlaufen ist oder das Stimmungsbild abfragen. Letzteres hilft dabei herauszufinden, ob die Retrospektive tatsächlich zielführend war.
Retrophase: Setting the stage
Helft euch dabei, eure Stimmung im Projekt auszudrücken und sprecht schon frühzeitig über die Ursachen.
Bereitet zum Beispiel ein Flipchart mit Gesichtern, die Emotionen ausdrücken, vor, zum Beispiel:
Alle Teammitglieder wählen ein Gesicht, das am besten ausdrückt, wie sie sich im Projekt fühlen.
So lassen sich auf unterhaltsame Weise Probleme schon früh aufdecken. Diese könnt ihr in den Folgephasen der Retrospektive besprechen.
Weitere Variationsmöglichkeiten findest du rechts. ->
Retrophase: Setting the stage
Verteilt Karteikarten und Stifte. Gebt ein Thema vor, zum Beispiel:
Malt eure Antworten als ein kleines Bild auf die Karteikarten. Hängt alle Zeichnungen auf und sprecht die Zeichnungen gemeinsam durch. Ratet, was dargestellt wird und was es vermutlich zu bedeuten hat. Anschließend erklärt der jeweilige Künstler sein Bild.
Metaphern ermöglichen den Perspektivwechsel und neue Sichtweisen. Gemeinsam entwickelt das Team so ein Verständnis für die Geschehnisse in der letzten Interation.
Retrophase: Setting the stage
Bewertet die zurückliegende Iteration wie eine (BAUR-)Kundenrezension. Vergesst die Sterne nicht!
Jedes Teammitglied verfasst eine kurze Rezension mit:
Jeder liest seine Rezension laut vor. Sammelt die Sterne-Wertungen auf einem Flipchart.
Diese
Aktivität kann auf die gesamte Retrospektive ausgedehnt werden, indem
zusätzlich die Frage beantwortet wird, welche Empfehlungen es für den
nächsten Sprint gibt.
Retrophase: Gathering data
Findet als Team heraus, was euch “den Wind in die Segel treibt”, welche “Anker euch zurückhalten” und welche “verborgenen Schätze” ihr entdecken könnt.
Wer?
Das Spiel eignet sich für Einzelpersonen in jeder Rolle, Teams oder auch zusammen mit Kunden.
Wie lange?
45-90 Minuten
Was brauchen wir?
- Flipchart
- Eddings
- Post-Its
Wie?
1. Zeichnet ein Boot auf - egal ob Yacht, Wikinger- oder Piratenschiff. Wichtig ist, dass es einen Rumpf, Segel und einen Anker besitzt. Seid kreativ und fügt noch einige Extras hinzu, wie Sonnenschein, Fische, Haie oder auch Eisberge. Vielleicht ist dies schon ein Hinweis auf die Stimmung im Team. Plant dafür etwa 5 Minuten ein.
2. Gebt eurem Boot einen Namen, auch hier herrscht Interpretationsspielraum. Steht “Titanic” möglicherweise für ein sinkendes Schiff?
3. Was war/ist eure Mission? Diese findet auf dem Rumpf des Bootes Platz. (Es gibt keinen “Schreiber”, jeder schreibt seine eigenen Gedanken auf.)
4. Nun schnappt euch Post-Its und überlegt euch, was ihr zum Segel und was zum Anker hinzufügen könnt.
5. Gewichtet eure Segel:
Besprecht und entscheidet die Gewichtungen als Team und bewertet jedes Post-It einzeln. Wie stehen die Segel/Anker im Verhältnis zueinander?
6. Nun geht es an die Actions. Wie können die Segel weiter aufgerichtet und die Anker eingeholt werden? Wie kann einer der Anker statt mit -6 nur noch mit -5 bewertet werden?
Schreibt Änderungs- und Verbesserungsvorschläge auf Post-Its (jeder für sich) und platziert sie neben dem Boot oder den entsprechenden Segeln/Ankern. Besprecht nun jeweils das Ziel der Maßnahme, die aktuelle Situation, die gewünschte Wirkung und die Umsetzung sowie mögliche Hindernisse. Wer kann mit dieser Aufgabe betraut werden und wie lange wird es brauchen, bis diese abgeschlossen ist?
7. Am Ende stellt ihr euch in eurem Team eine Frage: Wo würdet ihr stehen, wenn ihr alle Anker von Bord werfen könntet? Was würde sich ändern?
Retrophase: Deciding what to do
Veranschauliche, was mögliche Aktionen bringen und wie schwer sie zu erreichen sind, um die Auswahl zu unterstützen:
Zeichnet einen Baum auf ein Flipchart. Verteilt runde Karten und schreibt Aktionen darauf, die ihr gerne angehen würdet - eine Aktion pro Karte. Wenn alle fertig sind, sammelt die Karten ein, mischt sie und lest eine nach der anderen vor. Hängt nun die 'Frucht' an den Baum - und zwar entsprechend der folgenden Einschätzungen der Teilnehmer:
Die Früchte, die links unten am Baum hängen, sind eure nächsten Aktionen.
Retrophase: Closing
Zeichnet eine Dartscheibe (oder mehrere) auf ein Flipchart. Schreibt eine Frage neben jede Dartscheibe, zum Beispiel:
Retrophase: Closing
Jedes Teammitglied bekommt ein Blatt Papier, ein Post-it oder Zettel und schreibt den folgenden Text auf:
"Mein Team ist fantastisch, weil _______________
und darum fühle ich mich _______."
Jeder füllt seinen Zettel aus und unterschreibt ihn.
Wenn alle fertig sind, kommen die Zettel an eine Wand (oder schreibt gleich auf ein Flipchart). Ein Freiwilliger
liest die Zettel vor und das Team feiert mit Jubel oder Applaus.
Nehmt euch Zeit, um Rückschau zu halten und Beobachtungen
auszutauschen.
Macht ein Foto, um euch daran zu erinnern, wie toll es ist, Teil
diese Teams zu sein.
Retrophase: Gathering Data
Die Starfish Exercise beruht auf den typischen drei Fragen, die in Retrospektiven behandelt werden:
Was lief gut?
Was lief nicht so gut?
Was sollten wir verbessern?
Doch statt diese Fragen direkt zu beantworten, werden Gedanken zu den fünf Begriffen "Stoppen!", "Weniger!", "So lassen!", "Mehr!" und "Starten!" gesammelt. Mit der Starfish-Exercise kann sich euer Team ein Gesamtbild davon machen, was innerhalb des Teams funktioniert und was nicht.
Wer?
Das ganze Team
Wie lange?
40 Minuten
Was brauchen wir?
- Flipchart
- Post-Its
- Marker
(oder ein Online-Tool)
Wie?
Malt einen “Seestern” auf. Beschriftet diesen:
Stoppen! - Dies sind die Aktivitäten, die weder für das Team, noch für den Kunden einen Mehrwert bringen. Was verschwendet Kapazitäten/Ressourcen/…?
Weniger! - Dies sind Aktivitäten, bei denen der Aufwand zur Durchführung viel
geringer ist als der Nutzen (Oder Aktivitäten, insgesamt keine
Verbesserungen im Prozess mit sich brachten).
So lassen! - Gewöhnlich sind dies bewährte Aktivitäten oder Praktiken, die die
Teammitglieder behalten wollen. Diese Aktivitäten werden bereits
angewandt.
Mehr! - Aktivitäten, auf die sich ein Team stärker konzentrieren und/oder häufiger durchführen sollte.
Starten! - Aktivitäten oder Ideen, die ins Team eingebracht werden sollen.
Beginnt nun mit dem Bereich “Stoppen!”, indem jeder seine Gedanken in 2-3 Minuten auf den Post-Its festhält. Diskutiert anschließend ein paar Minuten über eure Vorschläge - seid ihr alle einer Meinung?
Wiederholt diesen Vorgang nun für
die anderen Begriffe gegen den Uhrzeigersinn (Stoppen! -> Weniger! -> So lassen!
-> Mehr! -> Starten!).
Mit den eher “negativen”
Themen zu beginnen und sich nach und nach den positiven zuzuwenden,
lässt euch die Retrospektive mit einem viel positiveren Gefühl beenden,
als wenn ihr eine zufällige Reihenfolge wählen würdet.
Nachdem
ihr “Starten!” bearbeitet habt, stimmt ab, welche der Ideen
umgesetzt werden soll (nur eine Idee). Damit die Umsetzung gelingt,
überlegt euch: Wer soll dafür verantwortlich sein? Bis wann soll die
Idee umgesetzt werden? Was sind unsere Erfolgskriterien?
Die in
diesem Bereich angesprochenen Aspekte müssen nicht komplett neu sein, es
können auch Verbesserungen für etwas sein, das im Team nicht gut
funktioniert.
Retrophase: Gathering data und Generate insights
In dieser Retrospektive werden die fünf Scrum-Values nochmal wiederholt/aufgefrischt und besprochen, was euch als High-Performance-Team ausmacht/ausmachen sollte.
Wer?
Das ganze Team, egal ob ihr euch als Team neu zusammengefunden habt oder schon länger zusammenarbeitet.
Wie lange?
30 Minuten
Was brauchen wir?
- Flipchart
- Marker
Wie?
Als erstes wird ein Baum aufgezeichnet. Die Scrum Values gelten hierbei symbolisch als Wurzeln des High-Performance-Trees. Hier ruft ihr euch die Werte Commitment, Courage, Openness, Focus und Respect ins Gedächtnis. Was bedeutet das nochmal?
Nachdem ihr die Werte genannt und deren Bedeutung geklärt habt, überlegt euch Merkmale, die ein Team zu einem High-Performance-Team werden lassen, zum Beispiel eine gemeinsame Vision, Feedback und Selbstorganisation. Analysiert, welche Merkmale ihr in eurem Team bereits wiederfindet, welche noch fehlen oder verbessert werden sollten.
Retrophase: Gathering data, Generate insights, Deciding what to do
Jedes Teammitglied überlegt sich drei Statements über den vergangenen Sprint, von denen zwei der Wahrheit entsprechen und eins eine Lüge ist. Diese Statements können sich auf beliebige Vorlieben/Abneigungen, Erfahrungen, Fähigkeiten oder Gewohnheiten beziehen.
Wer?
Das ganze Team
Wie lange?
50 Minuten
Was brauchen wir?
- Marker
- Post-Its
Wie?
Vorbereitung - 10 Minuten
Stellt euch in einem Kreis auf und klärt, wie das Spiel funktioniert. Nun bekommt jedes Teammitglied einen Marker und drei Post-Its. Nutzt die restliche Zeit, damit jeder seine drei Statements aufschreiben kann (zwei wahr, eins eine Lüge).
Playing the Game - 3 Minuten pro Person
Nun werden die Aussagen nacheinander präsentiert. Diskutiert und entscheidet nach jeder Präsentation, welche Aussage eurer Meinung nach eine Lüge ist. Der Verfasser der Statements verrät euch, ob ihr falsch oder richtig liegt.
Fahrt fort, bis jeder seine Statements vorgestellt hat und alle Lügen identifiziert wurden.
Diskussion - 20 Minuten
Sammelt nun alle negativen Statements und besprecht in eurem Team, wie diese Aspekte verbessert werden können. Erstellt anschließend für jedes Statement eine Liste mit Lösungen und stimmt ab, auf welche Punkte ihr euch im nächsten Sprint konzentrieren wollt. Die übrigen Punkte könnt ihr euch für zukünftige Sprints aufheben.